In der Moderne wird Land als Besitz verstanden, über den wir verfügen.
Mit der ökologischen Bewegung seit den 70er Jahren im 20. Jahrhundert wächst das Bewusstsein von Gefahren und Risiken, die Natur und also auch das Land betreffen.
Wie wäre es - mit der biblischen Tradition - das Land, die Erde als Subjekt, als schöpferische, vielfältige und eigentlich nie homogene Kreativität zu verstehen?
Eine kosmische Kreativität, in der wir Menschen uns vorfinden, einfinden und uns neu erfinden?
Von solchem Staunen angesichts schöpferischer Vielfalt handelt der Gottesdienst zum Weltumwelttag am 5. Juni 2021 ab 15.00 Uhr im Ev. Pfarrgarten Unterschüpf - ein Joint Venture aus Evangelischer Erwachsenenbildung und Kulturkirche.
Im Gottesdienst wirkt ein multiprofessionelles Team mit: Kultur- und Theaterpädagoginnen Susanna Hocher und K. Haun-Wiesner, Musikpädagogin Claudia Bähr mit dem Ensemble „4tuosos“, Naturpädagogin Heidi Daub und Pfarrer Dr. Heiner Kücherer.
Anmeldung erbeten unter Church events .
Zeit für Wandel: eigentlich ist die Kernaufgabe im Umgang mit Klimawandel: die Wandlung des Menschen!
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Presseartikel FN
Am Sonntag Erntedank, den 4.10.2020 sind Kulturkirche, Pfarrhaus, Pfarr- und Naturgarten von 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr in Unterschüpf begehbar.
In den vergangenen Jahren hat die Kulturkirche in Kooperation mit dem NABU Akzente zur Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt („Biodiversität“) im Umfeld der Kirche gesetzt.
Wir starten um 9.30 Uhr mit einem Gottesdienst in der Kirche, dann folgen Führungen mit Landschaftsgärtnerin Heidi Daub (jeweils max. 12 Personen, 11.00 Uhr und 14.00 Uhr), ein Kinderatelier (ab 10.30 Uhr), ein kurzes Konzert mit Imtakt (11.30 Uhr) und eine Familienandacht (15.00 h).
Für ein naturnahes, kleines Catering nach Gottesdienst und Familienandacht ist gesorgt.
Bitte zu Gottesdienst, Konzert und Führungen unter info@kulturkirche-unterschuepf.de oder 07930-367 anmelden!
09.30 Uhr
Unterschüpf: „Mutter Erde“: Gottesdienst zu Erntedank (mit Ensemble Imtakt) anschl. Empfang im Pfarrgarten
10.30 Uhr
Unterschüpf: „Schöpfungslabyrinth“: Kinderatelier zur Gestaltung von Steinen mit Schöpfungsmotiven (bis 14.30 Uhr)
11.00 Uhr
Unterschüpf: „Artenvielfalt“: 1. Führung rund um Kirche, Pfarr- und Naturgarten
11.30 Uhr
Unterschüpf: Kirche: Kurzkonzert mit dem Ensemble Imtakt
14.00 Uhr
Unterschüpf: „Artenvielfalt“: 2. Führung (s.o.)
15.00 Uhr
Unterschüpf: Familienandacht (mit Marcel König/Sax) anschl. Kaffee und Muffins
Plakat zum Ausdrucken
Zum Ausdrucken:
Impuls zur Transformation der Kulturkirchenarbeit im ländlichen Raum
Kairos für die Schöpfung – Ein Impuls zur Transformation der Kulturkirchenarbeit im ländlichen Raum (Rede in der Kulturkirche Unterschüpf, 20.9.2020, Pfarrer Dr. Heiner Kücherer)
Auf, jetzt ist Zeit
Meist war es fahles Licht.
Der Himmel zog sich von der Rheinebene zu. Die Atmosphäre verdichtete sich.
Ich weiß nicht mehr, was wir auf dem Land zwischen Handschuhsheim und Dossenheim bearbeitet haben: Pflanzen setzen oder Pfosten in den Boden einschlagen oder den Boden mit Folie abdecken.
Mein Vater blickte dann zum Himmel und sagte: „Weiter arbeiten, es ist noch Zeit!“
Meine Mutter arbeite wie immer zügig weiter. Dann kam Wind auf, die Mucken flogen tief, der Himmel verdüsterte sich, plötzlich hieß es von meinem Vater: „Auf, jetzt ist Zeit“. Alles stehen und liegen lassen und zum Auto eilen, weil die ersten Blitze einschlugen. Wer die Gewitter in der Kurpfalz kennt, weiß wie heftig es zugehen kann. Bleibt dann nur zu hoffen, dass kein Hagel einschlägt. Mein Vater hätte mich aus den Augen angeblitzt, hätte ich gesagt: „Sei nicht hysterisch. Da kommt nichts.“ Oder: „Ist das nicht moralisierend, jetzt so dringlich zu werden?“ Wenn es beim Vater hieß: „Auf, jetzt ist Zeit.“, lag etwas Unbedingtes in der Luft, das Energie zum Handeln freisetzt. „Auf, jetzt ist Zeit“ im Handschuhsheimer Feld ist für mich die frühste Erfahrung eines „Kairos“ angesichts nahender Gewitterzonen. Gleichgültig, ob das um 10.00 Uhr, 14.15 Uhr oder 17.20 Uhr war. Das sind Zeiten als Chronos, Zeit als Mengenangabe. Menschen, die mit und auf dem Land leben und noch innere Verbindung haben mit den Vorfahren, die Generationen vor uns das Land bearbeitet, geliebt und erlitten haben - jene Menschen wissen intuitiv, was Kairos als Zeit der Entscheidung, als gefüllte Zeit heißt, auch wenn der Begriff vielleicht fremd anmutet.
Die Zeit wird getan
Ich habe von meinen Urgroßvater Konrad Kücherer nur ein Photo. Ein hagerer, wettergegerbter Mann mit Harke über der Schulter. Und eine Erzählung: Konrad saß am Kopf des Tisches, an dem sich die Familie zur Mahlzeit versammelte, blickte auf und sprach: „Es ist Zeit“, stand vom Tisch auf, ging in seine Dachkammer, legte sich nieder, aß und trank und sagte nichts mehr und war nach etwa sieben Tagen tot. Er hatte gespürt, dass seine Zeit gekommen war, seine Ressourcen erschöpft, dass es Zeit war zu gehen. Den Tod, die Endlichkeit des Lebens zu verleugnen, wäre ihm wohl lächerlich vorgekommen. Warum auch: Der Kontakt zur Mutter Erde hilft, sich loszulassen und in den Kreislauf des Lebens einzukehren, als Leib oder Asche, in das stets gebärende Leben zurückgenommen, Erde zur Erde, Asche zur Asche, Staub zum Staube. Alles hat seine Zeit. Mich beeindrucken die Klarheit, Entschiedenheit und Härte wie mein Urgroßvater seinen persönlichen Kairos gelebt und gestaltet hat. Die karge Kommunikationskultur im Abschied erschreckt mich, aber das ist typisch für Handschuhsheimer. In den Zonen von Geburt und Tod, von Schicksal und Leid, von Liebe und Gewalt wird bei erdhaft verwurzelten Menschen nicht viel geredet: Die Zeit, der Kairos wird erkannt und getan. Wir haben in der beschleunigten Gesellschaft der Spätmoderne den Kontakt zum intuitiven Zeitwissen der Vorfahren verloren. Darum verdrängen wir Tod, weichen Herausforderungen aus, vertun die Zeit in chronischem Jammern. Erkenne die Zeit und handle: das befreit.
Ausgesetzt sein
Viel anderes haben die 52 Männer und Frauen aus Afrika, Asien, Europa, Lateinamerika, Nordamerika und Ozeanien, die sich im Juni 2019 in Wuppertal versammelt haben nicht getan: Sie haben ihre Geschichten geteilt, ihr Erleben, ihr Erleiden, ihre Frustrationen, ihre Hoffnungen. Aus verschiedenen Konfessions- und Glaubenstraditionen haben sie ihr Menschsein geteilt. Das verbindet. „Wir haben darin die Schreie der Erde und die Schreie der Menschen gehört, die von den Folgen des Klimawandels am schmerzlichsten getroffen werden.“ („We heard … the cries of people vulnerable to the effects of climate change“.) „Vulnerable“: schmerzlich, verletzlich, verwundet. Das sensible Wahrnehmen von Vulnerabilität, von Verwundbarkeit, Verletzlichkeit, von Verwundet sein: das ist eine zutiefst geistliche Erfahrung. Gott aufsuchen jenseits der Lager von Meinungen, Vorurteilen und Deutungsmustern. Im Hebräerbrief heißt es „Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen.“ Hinausgehen, sich exponieren, die Komfortzone verlassen, ausharren bei einem verwundeten Gott. Viel an der gegenwärtigen Kraftlosigkeit der Kirchen in Deutschland rührt daher: Wir exponieren uns nicht mehr. Wir suchen den gekreuzigten Christus nicht auf. Wir vergessen den gegenwärtigen Christus oder verkleinern ihn auf die Maße eines persönlichen Frömmigkeitsidols. Wir hören, ja spüren Christus nicht mehr im Seufzen der Kreatur, die auf Befreiung harrt (Röm. 8). Das Seufzen der Schöpfung, der Schmerz der Elemente Wasser, Erde, Luft und Feuer: Verseuchtes Trinkwasser, schmelzende Gletscher, Plastik in den Ozeanen, Entwaldung, Vertrocknung und Verwüstung, Ausrottung von Fischpopulationen, Verlust von Artenvielfalt, Vergiftung des Landes, Treibhausgase in der Luft, Verfeuerung von fossilen Energieträgern, systematische Überhitzung, Menschen auf der Flucht: Der gegenwärtige
Christus windet sich im Seufzen der Kreatur, harrt und sehnt sich nach Befreiung. Ein verwundeter Gott. Heute. Im Hier und Jetzt. „Mich dürstet“, spricht Christus – in der Fichte oder Eiche, die vertrocknet. Das Erlebnis eines Kairos führt in eine neue Gotteserfahrung.
Und diese ist nur exponiert zu haben.
Konkret werden
Es wird in den Kirchen eine wichtige Aufgabe der kommenden Zeit sein, Geschichten zu teilen. Jenen zuhören, die grüne Kreuze aufstellen, die Verzweiflung der Landwirte wahrnehmen, die vielfach bereit sind, nachhaltig das Land zu bewirtschaften, aber dafür auch die nötigen Preise erzielen müssen. Den Jugendlichen zuhören, die freitags auf die Straße gehen, ihre Sorge, ihre Angst und ihren politischen Willen ernst nehmen und nicht mit widerwärtigen „Fuck you Greta“- Aufklebern diffamieren. Auf die junge Generation zugehen und ihre vegetarischen und veganen Optionen verstehen, von ihrer Sensibilität neu lernen, dass Tiere Mitgeschöpfe und keine Fleischprodukte sind. Die Kirche wird die Komfortzone verlassen und in die Wälder aufbrechen müssen, die vertrocknen und verdursten. Gottesdienste und Andachten in den Zonen, wo Schöpfung leidet, werden dann wieder relevant: weil solche Frömmigkeit Gott an dem Ort des Ausgesetzseins aufsucht. Exponiert euch. Dann erfahrt ihr Gott. Und dann wird es konkret. Die Kairos-Erklärung arbeitet sehr dicht mit dem Begriff der Sünde und entwickelt ein Gespür, wie wir alle in der ein oder anderer Weise in Sünde verstrickt sind: Die Sünde des Hochmuts, dass wir meinen, die Erde sei nur Material für die Bedürfnisse des Menschen, die Sünde der Gier nach unbegrenztem materiellen Wachstum und Konsumkultur, die Sünde der Gewalt, in der wir Mitgeschöpfe in Industrieprodukte verwandeln, die Sünde der Missachtung, in der wir uns von dem heilsamen Wissen unserer Vorfahren abkappen und besonders die Sünde der Trägheit, Verantwortung in der Klimakrise auf andere zu verschieben. Der Begriff Sünde macht beides deutlich: das verstrickt und verantwortlich sein. So von Sünde zu reden überwindet die Tendenz des Protestantismus, Sünde auf privates Fehlverhalten zu verkürzen oder abstrakt und monoton die allgemeine Schlechtigkeit des Menschen zur Sprache zu bringen. Aus diesem privatisierten Verständnis von Sünde kommen wir heraus, wenn wir, wie das in der Kairos-Theologie geschieht, von den Folgen der Sünde, von der Gewalt also, vom Leiden der Schöpfung und der Menschen ausgehen. Dann wird die Notwendigkeit von Umkehr einsichtiger: Etwas tun, um Gewalt und Leiden in der Schöpfung zu minimieren. Bevor die Kairos-Erklärung aber zu solchen Umkehr- und Handlungsperspektiven kommt, erfolgen zwei wichtige Zwischenschritte: Die Kritik sog. toxischer Narrative und die Suche nach Hoffnungsbildern bzw. Narrativen der Hoffnung.
Wider die Apathie
Toxische Narrative sind mentale Strukturen und Deutungsmuster, die uns im Entscheiden und Handeln lähmen. Das für unsere Region wichtigste toxische Narrativ ist der Komplex von Ohnmacht, Apathie und Individualismus. „Ich allein kann doch nichts bewirken.“, „Es ist alles widersprüchlich.“, „E-Mobilität ist auch keine Lösung“, „Die Kernenergie spart immerhin CO2.“, „Die da oben wollen nur regulieren.“, „Früher gab es auch schon Klimawandel. Da können wir nichts tun.“, „Das ist alles viel zu komplex.“ In solchen Aussagen liegt ein Wahrheitsmoment, sonst würden sie nicht wirken. Sie wirken aber toxisch, wie ein lähmendes Gift, so dass wir in Ohnmacht verharren und beginnen, Verantwortung zu verschieben. Die Kairos-Theologie hilft, solche Mechanismen aufzuspüren. Die entscheidende Wende liegt darin, nicht mehr zu fragen: „Was kann ich tun?“, sondern „Welcher Initiative schließe ich mich an?“. Freilich bleiben wir auch bei einer ökologischen Umkehr in Sünde verstrickt, widersprüchlich. Auch wird Gewalt eine Dimension der Schöpfung bleiben solange Himmel und Erde bestehen. Aber in gemeinschaftlichen Initiativen, in Gruppen und auf Aktionsplattformen gelingt es, aus Ohnmacht aufzubrechen und Umkehrprozesse gemeinsam zu gestalten. - Als Kind saß ich am Esstisch inmitten der Rauchschwaden von Kurmark-Zigaretten, die die Deckenlampe umnebelten. Beide Eltern rauchten. In jedem Restaurant, in jeder Kneipe wurde geraucht. Hansjörg Felmy, der 70er Tatort-Star Heinz Haferkamp: ohne Zigarette kaum vorstellbar. Wie wurde die Diskussion um das Rauchverbot hysterisch geführt! Heute sind die rauchfreien Zonen selbstverständlich. Ebenso das Anschnallen mit dem Gurt im Auto. Und sind wir durch Rauchverbot und Gurtpflicht unserer Freiheit oder Lebensqualität beraubt worden? Kollektive Prozesse und Regeln erleichtern das persönliche Leben. Und der Weg in die Transformation bei Regeln, die sich noch nicht gesamtgesellschaftlich durchgesetzt haben, geht über den Weg der Gruppe, der sozialen Bewegung, die sich engagiert und die Trägheit des Einzelnen überwindet. Gemeinschaften, die sich unterstützen, generieren Hoffnung – die Schöpfung seufzt – aber auf Hoffnung hin sind wir gerettet (Röm. 8).
Hoffnungsgeschichten
Die Kirchen bergen ein großes Potential an Hoffnungsgeschichten. Die Bibel und die Kirchengeschichte sind voll davon: der brennende Dornbusch, die Berufung des Mose, der Exodus aus Ägypten, der Durchzug durchs Schilfmeer, Bewahrung und Rettung in der Wüste, der Kampf der Prophetengruppen gegen Mechanismen der Ausbeutung, die
Rückkehr des Volkes aus dem Exil, das Brach- und Erlassjahr, der Weg des Jesus als Messias - Lahme gehen, Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt - die ersten Gemeinden, die Nachfolgegruppen durch die Geschichte der Christenheit, die geistbegabten Gestalten von Franz von Assisi bis Dietrich Bonhoeffer, die Taize-Bewegung, die Befreiungstheologie und Papst Franziskus, alles Modelle der Inspiration und im Kairos für die Schöpfung Ressourcen für eine Umkehr: für den Mut, sich hinauszuwagen und gemeinsam aufzubrechen. Hoffnungsgeschichten, Hoffnungsbilder appellieren nicht an die ökologische Vernunft. Sie berühren die Seele, setzen in der Seele utopische Energie frei, in der sich Leben wandelt. Das ist auch in der ökologischen Krise eine der vornehmsten Aufgaben von Kirchen bzw. von organisierter Religion, Hoffnungsbilder aufzusuchen und sinnlich zugänglich zu machen. Hoffnungsbilder sind die besten Heilmittel gegen toxische Narrative: Apathie und Individualismus sind überwindbar. Du bist nicht allein. Wir sind Gefährten auf dem Weg. Eine andere Welt ist möglich.
Vernetztes Handeln
Darum legt der letzte Teil der Wuppertaler Kairos-Erklärung den Schwerpunkt auf das vernetzte Handeln („commitment“ bzw. „comprehensive action“, „comprehensive response“). Die Wuppertaler Erklärung ruft den Weltkirchenrat dazu auf, bei der nächsten Vollversammlung 2021 in Karlsruhe eine „Dekade für die Heilung der Schöpfung“ einzuleiten. Das nächste Jahrzehnt sei entscheidend, die Produktions- und Konsumkreisläufe, mit denen wir die planetarischen Grenzen überschreiten, zu unterbrechen und umzusteuern. Ansonsten erreichen wir sog. Kipp-Punkte, in der ökologische Zerstörungen in der Dynamik unumkehrbar werden. Eine Dekade für die Heilung der Schöpfung wäre der geeignete Rahmen, in dem Kirchen und Gemeinden ihre Liturgie, Spiritualität, ihre Dienste und ihre Bildungsarbeit in ökologischer Sensibilität erneuern. Und Aktionsplattformen schaffen, sich in einen nachhaltigen Lebensstil einzuüben und Bündnispartner in der Zivilgesellschaft zu suchen. Ländliche Kirchengemeinden werden ihr Antlitz wandeln, wenn sie durch den Kairos zur Schöpfung hindurchgehen. Lethargie und Apathie werden abfallen. Wer sich dem Seufzen der Schöpfung aussetzt, wird vom unablässigen Wirken des Geistes berührt, der das Antlitz der Erde erneuert – in und jenseits der Kirchen.
Wir haben im Durchgang durch die Kairos-Erklärung den klassischen befreiungstheologischen Dreischritt erlebt: Sehen – Urteilen – Handeln. Das AusgesetztSein im Seufzen der Schöpfung – die Reflexion auf toxische Narrative und biblische Hoffnungsbilder – die Option für vernetztes Handeln. Was könnte das für den Weg einer Kulturkirche im ländlichen Raum bedeuten?
Aufbruch im Kairos
In der Kulturkirche haben wir in den vergangenen zwölf Jahren das Befreiende schöpferischer Kultur erleben dürfen. Lahm, taub und tot war diese Kirche gewiss nicht. Sinne sind geweckt worden und Mut geschöpft, Kunst und Musik haben getröstet und belebt und manches Verrücktes hat sich ereignet, neue Freiheit und Weite sind möglich. Aber auch die Kulturkirche wird sich im Kairos für die Schöpfung wandeln. Wir werden die gewonnene Freiheit und Dynamik neu einbetten in den Herausforderungen der Zeit: in der Arbeit am Gemeinwohl, das auch die Schöpfung umfasst. Die Ressourcen von Kirchenraum, Pfarrhaus, Pfarr- und Naturgarten sind dafür offen und zugänglich. Was könnte in den kommenden Jahren alles entstehen: Aktionsplattformen für Carsharing in den Kirchengemeinden der Region. Ökologischen Foren und Schlagabtausche. Dafür sorgen, dass jene, die grüne Kreuze aufstellen, hier genauso Raum finden wie Jugendliche, die sich im NABU oder bei Fridays for Future engagieren. Kochgruppen, in denen sich jung und alt begegnen und fleischlose Rezepte ausprobieren und sammeln. Andachtsformate an ökologischen Brennpunkten der Region. Sich in den Fastenzeiten des Kirchenjahres über Mobilitäts-, Energie-, Ernährungs- und Einkaufsverhalten austauschen und in Gruppen konkrete Schritte gemeinsam erproben. An Gemeindeabenden die Bibel ökologisch sensibel lesen. In Grünsfeld hat das Gemeindehaus eine jüdisch-christliche Geschichte. Da entsteht in diesem Jahr ein Religionshaus, in dem wir die spirituellen Schätze der Weltreligionen für eine Praxis der Achtsamkeit heben werden. In Unterschüpf könnte das Pfarrhaus ein Schöpfungshaus werden – mit vielfältigen Ateliers für Kinder und Erwachsene von Musik, Kunst, Literatur, Landschaftsarbeit und Gartenkultur. Ich möchte, dass die Stelle der Landschaftsgärtnerin Heidi Daub in Unterschüpf auf Jahre erhalten bleibt. Ich freue mich, wenn Susanne Oehm-Henninger weiterhin kreativ als Künstlerin wirkt. Ich bin gespannt, was die Kulturpädagogin Susanna Hocher in der Familienbildung einbringt und welche
Dynamik die Triathletin Nadja Meder als neue Sekretärin der Erwachsenbildung ausstrahlt. Wer hierher kommt, soll wie die vergangenen Jahre mit Provokation rechnen! Aber er oder sie soll mit noch mehr Ermutigung und Hoffnung in Kontakt kommen. Deswegen bitte ich euch: Beteiligt euch auf dem Weg der Kirchen im Kairos der Schöpfung, bringt euch ein! Ihr seid alle begabt, mit Phantasie, mit Kraft, mit Zeit und mit finanziellen Ressourcen und vor allem: mit euren Geschichten, mit euren Frustrationen, mit euren Hoffnungen, mit euren Leidenschaften, mit eurer Liebe, mit eurem Zorn. All das taucht das Leben in den Kairos, der aufbricht und Wandel zeitigt.
Eine persönliche Zwischenbilanz
Ich bin von den Handschuhsheimer Äckern bis in den Schüpfer Grund einen weiten Weg gegangen: Bei Befreiungstheologen in Südafrika habe ich gelernt, was theologische Existenz und Dynamik heißt. Ich habe mich in Studium und Pfarramt in lutherische Theologie,
Tiefenpsychologie und Kulturtheologie vertieft. Ich habe das Privileg, nun 16 Jahre mit einer Künstlerin im Kirchenraum zu wirken und mit einem tollen Kirchengemeinderat und Förderkreis, Kulturkirche in dieser beseelten Landschaft auf- und auszubauen. Ich spüre jetzt, dass ich neu und freilich anders als vor Jahren zu meinen befreiungstheologischen Anfängen zurückkehre. Das Leben ist wohl eine Spiralbewegung. Wenn der Weltkirchenrat die Dekade zur Heilung der Schöpfung aufruft, trifft das die Zeit, in der ich noch bis zu meinem Ruhestand, so Gott will, inspiriert leben und nach Kräften wirken will. Und zwar mit euch und Menschen aus der Region zusammen! Wenn wir aufbrechen und uns exponieren, wird sich in der Region im Kairos für die Schöpfung vieles wandeln. Es gibt viel zu tun. In Afrika redet man von Ubuntu: ein Mensch wird Mensch durch andere Menschen. In Lateinamerika von Buenvivir, der Kultur gemeinsamen Lebens und Kämpfens, in Korea von Sangsaeng (sharing life) und in Deutschland hieß es im Augenblick einer Krise: „Wir schaffen das!“ Oder in der Sprache meiner Kindheit: „Auf, jetzt ist Zeit.“
Lit.: Kairos für die Schöpfung – Hoffnungsbekenntnis für die Erde. Die Wuppertaler
Erklärung. 25. Juni 2019/Kairos for Creation – Confessing Hope fort he Earth. The Wuppertal
Call.
Zur befreiungstheologischen Matrix der Kairos-Theologie: Albert Nolan, God in South Africa. The challenge oft the gospel, Claremont 1988 und ders., Jesus today. A spirituality of radical freedom, New York 2006.
Kairos für die Schöpfung
„Kairos“ im biblischen Sinn heißt Zeit der Entscheidung, Zeit der Wahrheit, Zeit der Gnade.
Im Herbst 2020 nimmt die Kulturkirche Unterschüpf Impulse des Weltkirchenrats (ÖRK, Genf) auf, die auf eine ökologische Nachhaltigkeit der Gesellschaft zielen.
Herzliche Einladung zu folgenden Veranstaltungen: „Kairos für die Schöpfung: Die ökologische Entscheidung“, Impulsvortrag zur Wuppertaler Erklärung, Kulturkirche Unterschüpf, 20.9.2020, 17.00 Uhr
„Die ökologische Nacht: Eine Klageliturgie“, Liturgische Nacht in der Kulturkirche Unterschüpf, 25.9.2020, 20.00 Uhr
„Vom Pfarr- zum Naturgarten“, Tag der offenen Tür rund ums Ev. Pfarrhaus Unterschüpf, 4.10.2020, 9.30 bis 16.30 Uhr
„Messianische Bilder der Schöpfung“, Themengottesdienste zum Anhang von Jürgen Moltmanns Ökologischer Schöpfungslehre: „Mutter Erde“, Kulturkirche Unterschüpf, 4.10.2020, 9.30 Uhr
„Das Fest der Schöpfung“, Schlossgarten Oberschüpf, 11.10.2020, 10.00 Uhr
„Die Welt als Tanz“, Kulturkirche Unterschüpf, 18.10.2020, 9.30 Uhr
“Das Spiel der Weisheit“, Kulturkirche Unterschüpf, 31.10.2020, 19.30 Uhr.
Verantwortlich: Pfarrer Dr. Kücherer und Team.
Eintritt bei allen Veranstaltungen frei, Spenden willkommen.
Bei Veranstaltungen im Kirchenraum bitte mit Anmeldung unter info@kulturkirche-unterschuepf.de oder 07930-367.
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Gesangsoase gastiert in der Kulturkirche
Unter den geltenden Hygieneregeln konzertieren Solisten und Duette der Gesangsoase am Sonntag, den 27.9.2020 um 17.00 Uhr in der Kulturkirche in Unterschüpf.
Die Leitung hat Claudia Bähr aus Tauberbischofsheim.
Aufgrund der Akustik im Vokalgesang haben wir das Konzert vom Pfarrgarten in die Kirche verlegt.
Die Teilnahme am Konzert ist nur mit vorheriger Anmeldung bei Claudia Bähr unter info@gesangsoase.de oder 09341/7838 möglich.
Herzlich willkommen!
Erntedank: Tag der offenen Tür in Unterschüpf
Warum gibt es an der Kulturkirche einen Wildwiesenabschnitt, der nicht gemäht wird („obwohl sich das doch so gehört“)?
Wie viele Nistkästen sind im Pfarrgarten?
Welches Zuhause haben Fledermäuse und Turmfalke?
Welcher Laub-, Grünschnitt- und Steinhügel hat welche Funktion?
Was verbirgt sich hinter dem Pfarrgarten am Mühlkanal?
Welches Potential an Ökologie und Spiritualität sind mit dem Gelände rund um die Kulturkirche noch zu heben?
An An Erntedank (4.10.) sind Kulturkirche, Pfarrhaus, Pfarr- und Naturgarten von 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr in Unterschüpf begehbar.
Wir starten um 9.30 Uhr mit einem Gottesdienst in der Kirche, dann folgen Führungen, ein Kinderatelier, ein kurzes Konzert und eine Familienandacht.
Für ein naturnahes, kleines Catering nach Gottesdienst (9.30h) und nach der Familienandacht (15.00h) ist gesorgt.
Das genaue Programm folgt. Herzliche Einladung!
pdf Kairos für die Schöpfung: Die Kulturkirche in der Bildungslandschaft
Kairos für die Schöpfung - Hoffnungsbekenntnis für die Erde -
Wuppertaler_Aufruf als pdf zum ausdrucken
Der Link zur Wuppertaler Erklärung:
https://www.oikoumene.org/de/resources/kairos-for-creation-confessing-hope-for-the-earth-the-wuppertal-call